gewürze auf löffeln angerichtet
Praktische Tipps
Gewürze

Welche Gewürze braucht man in der Küche, wie erkennt man gute Qualität und kann man auch falsch würzen? Unsere Expertin Dr. Manuela Mahn klärt auf.

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WÜRZEN IST EINE KUNST

Gewürze sind gerade so populär wie nie. Sie richtig zu verwenden, bedarf Wissen und Übung. Ihre Erkenntnisse und Tipps teilt die leidenschaftliche Expertin Dr. Manuela Mahn mit uns.

Ursprünglich war es ihre Kulturgeschichte, die sie begeisterte. Denn darüber schrieb Manuela Mahn einst ihre Doktorarbeit. Da dies berufsbegleitend allerdings zehn Jahre dauerte, „hatte ich genügend Zeit, mich vollends in die Welt der Gewürze zu verlieben“, lacht die Wissenschaftlerin, die längst als führende Gewürzexpertin und Koryphäe auf ihrem Gebiet gilt.

Frau Dr. Mahn, provokant gefragt: Kann man falsch würzen?

Ja, kann man. Man kann Gerichte in Fehlaromen bringen, insbesondere, wenn man mehrere Gewürze verwendet, eines dann zu stark hervorsticht und alle anderen überdeckt. Es geht ja schließlich um ein harmonisches Zusammenspiel. Deswegen ist mein Motto auch immer: Würzen ist eine Kunst. Man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen und Fingerspitzengefühl üben.

Wie lernt man das?

Zum Einstieg gibt es mittlerweile viel schöne Literatur. Köche und Gewürzsommeliers bieten tolle Kurse an, um tiefer in die aromatische Welt hineinzuschnuppern und wagemutiger zu werden, aber letztlich ist es ein Learning by Doing. Richtig würzen kommt nicht von ungefähr. Man muss sich damit beschäftigen, um herauszufinden, welche Aromen man persönlich mag und wie viele verschiedene Unterarten es von den einzelnen Gewürzen gibt. Allein bei Pfeffer eröffnen sich so unzählige Nuancen. Man muss für sich selbst ins Tasting gehen, Gewürze auch mal pur probieren, dann im Essen, Unterschiede herausschmecken und Vorlieben entdecken. Da eröffnen sich wahrlich neue Horizonte und es ist hochinteressant, was sich alles entdecken lässt, wenn man sich auf das Thema bewusst einlässt. Wissen ist auch hierbei wahrlich Macht!

Welche Bedeutung hat die richtige Würze für Speisen?

Zum einen geht es um die Qualität, die ja längst auch bei anderen Zutaten wieder Bedeutung erlangt hat. Wenn man sich mit Gewürzen auseinandersetzt, wird man unweigerlich darauf achten, sie so hochwertig wie möglich zu kaufen, und feststellen, dass man ein besseres Geschmacks- und Aromaerlebnis hat, aber auch weniger braucht. Ein gutes Gewürz hat einen hohen Anteil an ätherischen Ölen sowie an Scharf- und Bitterstoffen, all das, was charakteristisch für dieses Gewürz ist. Somit brauche ich keine großen Mengen. Wenn ich das Gewürz auch noch richtig lagere – sprich: licht-, wärme- und luftgeschützt –, dann habe ich auch ganz lange etwas davon und der höhere Preis relativiert sich. Zum anderen macht es einfach Spaß, mit solchen Gewürzen zu arbeiten und sie zum richtigen Zeitpunkt im Kochhergang einzusetzen.

Wann ist dieser richtige Zeitpunkt?

Ganze Gewürze wie Pfeffer- oder Pimentkörner, aber auch ein Lorbeerblatt können gerne mitgekocht werden. Gemahlene oder gestoßene Gewürze sollte man jedoch erst zum Ende der Garzeit hinzufügen, wenn die Hitze nicht mehr am höchsten Punkt ist. Das intensivste Aroma erhält man, wenn sich die ätherischen Öle und die Geschmacksstoffe nicht verflüchtigen. Genau das passiert allerdings bei über 25 Grad. Dies macht etwa 20 Prozent bei der Geschmackswahrnehmung und 80 Prozent beim Aroma aus. Generell gilt: Weniger ist mehr. Lieber sollte man noch mal nachwürzen oder -salzen, bevor man zu vorschnell ist.

Welche Gewürze sollten wir zu Hause haben?

Das ist natürlich eine individuelle Frage. Der eine mag es eher mediterran und braucht daher Kräuteraromen, der andere liebt die asiatische oder orientalische Küche, die tiefere Gewürztöne sucht. Ich denke, Paprika gehört in jede Küche. Da finde ich geräucherte Paprika sehr interessant, da es in die vegetarische und vegane Küche einen tollen Schwung bringt. Die deutsche Küche braucht Muskatnuss, Zimt, Gewürznelke und mit diesen drei und Pfeffer kann ich auch schon wieder in den Orient und nach Asien gehen. Lorbeerblätter und Wacholderbeeren gehören für mich auch in eine gute Küche für Suppen, Eintöpfe, Marinaden, zum Schmoren. Und da Vanille im Moment sehr teuer ist, würde ich für die süße Küche mal Tonkabohne empfehlen.

Welche Rolle spielen frische Kräuter beim Würzen?

Frische Kräuter sind sehr wichtig, aber saisonabhängig. Ich lehne Gewächshauskräuter, die das ganze Jahr über erhältlich sind, ab. Die meisten Kräuter, an die wir in der Küche denken, haben ihren Ursprung im mediterranen Bereich, das sind sonnenverwöhnte Pflanzen, die zum Ende des Sommers hin eine Wahnsinnspower haben. Dann kann man sie auch gut trocknen, denn zu diesem Zeitpunkt hat sich das schöne Aroma in ihnen eingeschlossen. Frischer Oregano und Majoran beispielsweise sind viel sanfter in der Wahrnehmung als getrockneter. Frische geht immer vor, aber wenn die Jahreszeit dies nicht erlaubt, finde ich getrocknete oder auch gefriergetrocknete Kräuter eine wunderbare Alternative.

Kräuter und Gewürze schmecken ja nicht nur gut, sie haben auch eine besondere Wirkung …

Absolut und jedes ganz für sich. Es gibt Gewürze und auch Kräuter, die generell einen positiven Einfluss auf die Verdauung haben, andere nur auf Eiweiße oder Kohlenhydrate. Brot wird üblicherweise mit Fenchel, Anis, Koriander und/oder Kümmel gewürzt und genau diese haben positive Effekte auf die Kohlenhydratverdauung. Bei einem fetten Fleisch ist es wiederum der Senf und bei Kohl der Kümmel, die wirken. Die gewachsenen Traditionen in unseren Küchen haben ihren Ursprung darin, dass es den Leuten einst gutgetan hat. Heute lässt sich das auch wissenschaftlich erklären und belegen.

Gibt es einen aktuellen Würztrend?

Für mich ganz klar die Levante-Küche. Sie vereint ganz wunderbar den Orient und seine schweren, tiefen Noten mit der herrlichen Frische der Gewürzkräuter. Diese Küche zahlt absolut auf die vegane, vegetarische Küche ein, die immer beliebter wird.